Gashub Italien?

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Italien steht für Mode, Design und gutes Essen. Aber für Gas? Nein. Dabei hat das Land hier interessante Perspektiven. Es spricht einiges dafür, dass es in den kommenden Jahren einen Gasüberschuss in Italien geben dürfte. Die überschüssige Menge könnte das Land exportieren – und so von den Flüssen in Richtung Nordeuropa profitieren.

Italiens Gasnetzbetreiber rüstet sich jedenfalls schon für solch ein Szenario. Snam Rete Gas plant, bis 2018 rund 6 Milliarden Kubikmeter an das nördliche Ausland zu liefern. Ende 2015 dürfte die Menge 2 Milliarden Kubikmeter erreichen, teilte die Gesellschaft in ihrem Vierjahresplan mit. Snam Rete Gas gehörte früher zum Öl- und Gaskonzern Eni und wurde dann unter der Regierung von Mario Monti im Oktober 2012 als eigenständiges Unternehmen ausgegliedert.

Italiens Gasüberschuss ist schnell erklärt. Traditionell verfeuert das Land viel Gas in den Kraftwerken, um Strom zu erzeugen. Doch diese Verwendung nimmt ab. Die Wirtschaftskrise, die stark subventionierten erneuerbaren Energien und eine steigende Energieeffizienz drückten den Gasverbrauch Italiens 2014 um 11,6 Prozent auf 62 Milliarden Kubikmeter. Ein niedriger Wert, der auch nicht sonderlich steigen dürfte. Snam Rete Gas sagt ein Jahreswachstum von gerade mal einem Prozent voraus. 2020 dürften also rund 73 Milliarden Kubikmeter konsumiert werden.

Gleichzeitig fließt mehr Gas ins Land. Die EU treibt die Trans Adriatic Pipeline (TAP) voran. Gas soll so vom Kaspischen Meer nach Europa transportiert werden. Die TAP-Röhre soll ab 2019/20 von Griechenland, über Albanien ins süditalienische Apulien rund 10 Milliarden Kubikmeter Gas führen. Ein weiterer Faktor: Flüssiggas könnte aus den USA nach Italien gelangen.

Ein Indiz dafür, dass Italien als Umschlagsplatz Potenzial hat: die Handelsgeschäfte nehmen zu. Gas ist also nicht mehr nur in langfristigen Lieferverträgen verfügbar, sondern wird mehr und mehr kurzfristig gehandelt. Man spricht von Over-the-Counter-Geschäften. Das sind Transaktionen, die nicht an Börsen, sondern bilateral, meistens am Telefon getätigt werden. Die Kurve, die der Branchendienst Platts erstellt, zeigt klar nach oben:

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Im Vergleich zu anderen europäischen Märkten ist das zwar noch nicht viel, was am italienischen virtuellen Punkt PSV gehandelt wird:

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Aber: Es geht nach oben. Die Energiebörsen stehen jedenfalls schon bereit. Als erste wagt sich die Leipziger Energiebörse European Energy Exchange (EEX) aus der Deckung. Die EEX betreibt zusammen mit der französischen Powernext die europäische Gashandelsplattform Pegas. Ab dem 26. März werden auf Pegas Terminkontrakte auf italienisches Gas lanciert. Darüber wird es Kontrakte geben, mit denen auf die Preisdifferenz zwischen italienischem und holländischem Gas gewettet werden kann. EEX-Konkurrent Intercontinental Exchange (ICE) lässt sich nicht in die Karten schauen. Auf die Frage, ob ein italiensicher Gaskontrakt geplant ist, lehnt eine ICE-Sprecherin einen Kommentar ab.

Mein Artikel zum Gashub Italien ist am 13. März in der NZZ erschienen.

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