Der Frankentornado verwüstet die Kasinostadt

Como

Campione d’Italia ist ein besonderer Ort. Er gehört zu Italien, befindet sich aber komplett auf Schweizer Gebiet. Eine Exklave also. Er lebt vom Glücksspiel, schließlich ist das kommunale Kasino die Haupteinnahmequelle. Und: Ihm droht der Bankrott.

Ursache dafür ist der starke Franken. Die Schweizer Währung hat gegenüber dem Euro enorm aufgewertet. Musste man vor zehn Jahren für einen Euro noch 1,55 Franken hinlegen., so reichten 2014 nur noch 1,20 Franken. Seit dem 15. Januar 2015 ist die Valuta vollends durch die Decke geschossen. Die Schweizer Nationalbank koppelte den Franken vom Euro los. Binnen Sekunden kletterte er bis auf 0,85 Franken je Euro. Seitdem pendelt er nahe der Parität.

Der Frankenschock hat das Wirtschaftsmodell der Stadt kaputt gemacht. Campione d’Italia ist Eigentümerin des Kasinos. Das Kasino verdiente in Euro und überwies einen festen Beitrag in Franken – zuletzt bis zu 60 Millionen Franken im Jahr – in die Kasse die Stadt, die ihre Bilanz in Franken ausweist. Das funktioniert nicht mehr. Die Euro-Einnahmen des Kasinos sind in Franken umgerechnet zusammen geschnurrt. Den Zuschuss an die Stadt kann die Spielbank nicht mehr stemmen. Seit drei Jahren schreibt sie Verluste, in der Gemeindekasse klafft ein Loch.

Campione d’Italia muss in Rom um Geld betteln, um die Pleite abzuwenden. Doch auf viel Mitgefühl darf die Stadt nicht hoffen. Die prekäre Lage hat sich Campione d’Italia auch selbst zuzuschreiben. Die Stadt ließ es in der Vergangenheit krachen. Unter anderem beauftragte sie Stararchitekt Mario Botta mit einem futuristischen Prachtbau, der mächtig viel Geld kostete. Auch soll nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein. Mitte Januar filzte die italienische Finanzpolizei die Büros des Kasinos. Der Verdacht: Beihilfe zur Geldwäsche.

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An Kasinochef Carlo Pagan prallt die Kritik ab. Der Venezianer hat einen Stapel an Dokumenten vorbereitet. Auf allen Seiten sind steigende Kurven zu sehen, die zeigen sollen, wie gut in Campione d’Italia gearbeitet wird. Der Marktanteil des Kasinos? Steigt seit 2010, also mit dem Antritt Pagans, von knapp 26 auf über 30 Prozent. Die Besucherzahlen? Halten sich trotz Rezession in Italien bei jährlich rund 700.000. Die Einnahmen in Euro? Betragen seit drei Jahren rund 90 Millionen Euro, während die Konkurrenz deutliche Einbußen verzeichnet. „Es ist klar, dass wir wesentlich besser sind“, sagt Pagan. Doch wegen des Franken könnte es trotzdem bald „Rien ne va plus“ heißen.

Die komplette Geschichte, die am 5. März in der Welt erschien, finden Sie hier.

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